Iseosee - Lago d'Iseo | © individualicious

Kurztrip an den Iseosee – eine Alternative zum Gardasee?

Als viertgrößter See Oberitaliens ist der Iseosee bei weitem nicht so bekannt wie der nahegelegene Gardasee. Mit kleinen Dörfern und den umliegenden Bergen kommen hier vor allem Wanderliebhaber auf ihre Kosten.


Kleiner, weniger Touristen, jedoch landschaftlich nicht minder schön und abwechslungsreich. So zumindest waren meine Erwartungen, als wir Mitte April die Koffer und Bikes im Auto verstauten und uns über den Brenner in Richtung Süden aufmachten. Doch konnte der Iseosee meinen Vorstellungen stand halten? War der Iseosee eine wirkliche Alternative zum Gardasee?

Auf meine Antwort, wohin mich unser Kurzurlaub denn führte, erhielt ich meist nur unwissende Blicke. Und so musste ich in der Regel ein “in der Nähe des Gardasees” anfügen, um zumindest etwas Klarheit zu schaffen. Der Iseosee ist bei weitem nicht so bekannt wie der rund dreifach so große Gardasee. Kurze (mediale) Aufmerksamkeit erhielt der Iseosee zumindest 2016, als der bulgarische Künstler Christo mit “The Floating Piers”, einer über den See schwebenden und begehbaren Plattform, für Aufsehen und einem, fast schon unerwartet, großen Publikumsandrang sorgte. Heute zeugen Schautafeln in einigen Ortschaften von der temporären Installation, die immerhin dafür sorgte, dass heute zumindest dem ein oder anderen der Name Lago d’Iseo ein Begriff ist.

Knapp eine halbe Stunde vom Südufer des Gardasees dauert die Weiterfahrt an den Iseosee. Erster Anhaltspunkt ist das kleine Städtchen Iseo, mit einer hübschen Altstadt und Uferpromenade, zahlreichen Cafés und Restaurants sowie Anlegestellen für die Fährverbindungen. Wir jedoch wollen weiter, das Ostufer weiter nördlich bis nach Marone, unserem Ausgangspunkt für die nächsten Tage. Marone ist ein kleines, unscheinbares Dorf; mit einigen wenigen Cafés, einem Supermarkt, Bank, Apotheke und sogar einer Schiffsanlegestelle jedoch mit allem Notwendigen ausgestattet. Wir beziehen ein kleines Appartment direkt am See. An dem kleinen, privaten Steg werden wir in den nächsten Tagen noch des öfteren sitzen und mit einem Glas Wein auf das Wasser und die umliegenden Berge schauen.

Apropos Berge. Diese sind zu sehen, soweit das Auge reicht. Es war wohl auch diese Vorstellung, vom Berg – mit 1.957 Metern Höhe ragt der Monte Guglielmo im Nordosten in die Höhe – direkt an und in den See, welche den Iseosee für uns zu einem attraktiven Ziel machte. Und dann wären da auch noch die Inseln, die das Landschaftsbild des Iseosees prägen. Die größte davon, Monte Isola, ragt rund 400 Meter über dem See empor und kann von mehreren Dörfern aus mit der Fähre erreicht werden.

Vormittags Mountainbiken und das Bergpanorama über den See hinweg genießen,nachmittags entspannt mit einem Caffè in der Sonne sitzen.

Was in unserer Vorstellung so verlockend klang, musste leider bereits am ersten Tag nach der Anreise der Realität weichen. Regen, Regen, Regen. Und es sollte so bleiben. Eine Alternative musste her. Und die lautete in den nächsten Tagen: weg vom See, rein in die Stadt. In einer knappen dreiviertel Stunde bis Stunde Fahrzeit sind die beiden Städte Bergamo und Brescia zu erreichen. Die lohnenswertesten Ziele in der Umgebung, wer das Regenwetter nicht unbedingt im nahegelegenen Outlent-Center zum Shopping verbringen will. Immerhin: Beides sind charmante Städtchen, in denen man sich mit ein klein wenig Sightseeing, Schaufensterbummeln und einem Caffè oder Aperitivo bestens die Zeit vertreiben kann. Wenngleich uns die Enttäuschung ins Gesicht geschrieben stand, dass der Iseosee selbst kein wirkliches Schlechtwetterprogramm zu bieten hat, sieht man von der Boario Terme nördlich des Sees ab.

Und auch sonst mussten wir erkennen, dass der Gardasee nicht umsonst von deutlich mehr Touristen angesteuert wird, als der Iseosee. Das auf der Website und in den Broschüren vielversprechend klingende Radangebot sollte ebenfalls nicht ganz halten. Denn als wir eine Regenpause dazu nutzten, um mit dem Bike nach Iseo zu radeln, landeten wir die meiste Zeit auf der Straße. Ein kleines Abenteuer für sich stellte sich auch unsere MTB-Tour auf die Monte Isola am nächsten Tag heraus. Zwar klappte die Fährfahrt von Marone aus wie am Schnürchen (€ 13,20 für 2 Personen / 2 Bikes von Marone bis Monte Isola-Sensole), doch so richtig MTB-freundlich sind die Wege auf der Insel ebenfalls nicht. Immer wieder landeten wir von Hauptverbindungen in kleinen Bergdörfern, in denen nur noch rutschiges Kopfsteinpflaster über steile Wege weiterführte. Offizielle Markierungen für Radwege fehlten gänzlich. Und so landeten wir am Ende unserer Tour am Wanderweg zurück nach Carzano.

Monte Isola ist die größte Insel am Iseosee, rund 9km sind für eine komplette Umrundung zurückzulegen, knapp 400 Meter ragt sie in die Höhe. Am höchsten Punkt liegt die Kirche Santuario della Madonna della Ceriola, von wo aus man bei Schönwetter einen 360° Blick über die Region erhält. Die Monte Isola zählt zu den “borghi più belli d’Italia”, den schönsten Dörfern Italiens.  Keine 2.000 Einwohner verteilen sich auf die neun Dörfer, die oftmals nur aus wenigen Häusern bestehen. Monte Isola ist eine autofreie Insel, entsprechend viele Mopeds begegnen einem jedoch unterwegs. Wer die Insel besuchen möchte, muss dies somit zu Fuß oder mit dem Rad machen. Ein öffentlicher Bus verbindet die Dörfer zudem miteinander. Fährverbindungen gibt es täglich von unterschiedlichen Dörfern aus, mit kleinen Unterkünften und Restaurants gibt es die notwendige Infrastruktur für Touristen.

Ein kleines Highlight, gleich ob bei gutem oder schlechtem Wetter, ist in jedem Fall die lombardische Küche. Am Iseosee selbst dominiert frischer Fisch aus dem See die Speisekarten der umliegenden Restaurants und so genießen wir sowohl in der Trattoria Glisenti in Vello als auch im Ristorante Camplani in Marone verschiedene Fischgerichte. Und auch in Bergamo können wir der lokalen Empfehlung nicht widerstehen und lassen uns Casoncelli alla Bergamasca, Ravioli mit einer speziellen Füllung, schmecken, während draußen der Regen vor sich hin prasselt. Polenta wird rund um den Iseosee ebenfalls gerne serviert und rundet meist als Beilage ein Fischgericht ab.

Als wir am letzten Tag unser Gepäck wieder im Auto verstauen und den Iseosee hinter uns lassen, reisen wir mit gemischten Gefühlen ab. Wie wäre unser Eindruck, hätten wir jeden Tag Sonnenschein und wohlig warem Frühlingstemperaturen genießen können? Wären wir dann richtig beeindruckt und würden den Iseosee als ruhigere, authentischere Alternative zum Gardasee weiterempfehlen? Wir wissen es nicht. Möglicherweise müssten wir dem Iseosee, oftmals auch Sebino genannt, eine zweite Chance geben, denn was kann die Region schon fürs Wetter. Wanderliebhaber sollten bei gutem Wetter hier jedenfalls auf ihre Kosten kommen. Ob Mountainbiker oder auch Familien jedoch finden, was sie am Gardasee so sehr zu schätzen wissen?

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13 Kommentare

  1. Hallo Mela,
    schöne Worte und traumhafte Bilder. Ich bin begeistert von deiner Ehrlichkeit, es gefällt mir gut, dass du es den Lesern selbst überlässt zu entscheiden, ob der Iseosee eine bessere Alternative zum Gardasee darstellt. So ist man informiert, aber nicht voreingenommen,
    Liebe Grüße von Sylvie (https://sisisday.de/)

    1. Vielen Dank für dein Feedback, Sylvia. Ja, genau das wollte ich mich dem Bericht erzielen. Ich glaube ja durchaus, dass es bei besserem Wetter lohnenswert sein kann/ist.

  2. Hallo Mela,
    wir waren in den Pfingstferien für überwiegend sonnige 10 Tage auf einem Campingplatz in Marone und sind ganz begeistert vom Iseosee. Die Zug-, Bus- und Schiffsverbindungen sind prima. Die Erdpyramiden in Zone haben uns beeindruckt. Mit unseren Kajaks waren wir viel am Paddeln, auch um die Monte Isola herum. Die Dörfchen um den See sind zum Teil wirklich schnuckelig. Es gibt viele schöne Gassen. Einzig die Radtour rund um den See war nicht so schön wie erhofft, da es nicht beständig einen Radweg gibt, sondern oft auf der Straße gefahren werden muss (da ging es uns wie dir…?). Vor allem das Durchfahren der vielen Tunnel an der Nordwestküste war mühsam. Insgesamt gesehen ist der See für uns auf jeden Fall ein Ort zum Wiederkommen. Wir haben die Ruhe sehr genossen. Da ich noch nie am Gardasee war, kann ich jedoch keinen Vergleich ziehen.
    Liebe Grüße
    Dagmar

    1. Vielen lieben Dank für deinen Eindruck, Dagmar. Ich hatte ja schon vermutet, dass es bei sommerlichen Temperaturen und gutem Wetter einfach anders, ergo besser, ist. Mal schauen, vielleicht ergibt sich ja bald mal die Gelegenheit für eine zweite Chance. ;-) lg Mela

    2. Für uns war dieser Bericht sehr informativ, wir haben den Iseosee für kommendes (Spät)Frühjahr im Plan, vor allem dann, wenn das Wetter in Südtirol nicht für Passfahrten ( wird unsere 1. Ausfahrt mit dem neuen Camper) geeignet ist. Sehr ehrlich und nicht beschönigend- das gefällt uns! Wir peilen den Campingplatz Pietro in Marone an. Gibt es von Marone aus eine Fähre auf die Isola? ??

  3. U. W. Knorr says:

    Wir waren über 10 Jahre verteilt 3 mal da – und es wartet ein weiters Mal auf uns, irgendwann nach Corona; jedesmal im Herbst und nichts geht dort über den morbiden charme des Herbstes – Farben prächtig, mit dem Wetter hatten wir mehr als Glück, aber man braucht einen guten Pullover wie auch ein T-shirt; Gastronomie je kleiner je besser und günstig allemal – den “In-Nepp”des Gardasees und die Leute dazu haben wir nicht vermißt. Im Gegnteil – ruhig, für die baumelnde Seele wachten wir jeden Morgen 200 Meter über dem See mit einen atemberaubenden Panorama auf in “unserem” Borgo…
    Aber auch in einem Garni-Hotel mit der rechten Hand am Espresso und der linken im See war jeder Tag toll. Ein wenig gutes von damals, aber eben voller Charme und Erholung; Den See umrunden, fast jeder Ort hat etwas, ws gesucht werden will, auf die Insel zur Einsiedelei ganz ogen ist ein Muß, Belohnung ein Blick mit Atemnot! Gardasee – sorry, muß nicht mehr sein – wir halten den Iseo vieleicht für den romantischsten, authentischsten und unverdorbendsten aller oberitalienischen Seen – lieben tun wir sie alle, aber Sehnsucht heißt Iseosee….

    1. Vielleicht war es einfach Wetterpech oder .. keine Ahnung. Ich vermute zumindest, wäre das Wetter besser gewesen, hätten wir der Gegend auch deutlich mehr abgewinnen können. Vielleicht kommt ja irgendwann mal die zweite Chance ;-)

  4. Ohh, unser Lago!2014 habe ich ihn zufällig auf der Suche nah einem Urlaubsort entdeckt. Bis dahin völlig unbekannt für uns.Es war Juni, als wir unser Apartement mit Blick auf den fußläufig in 5 Min. zu erreichenden See bezogen. Und es war Liebe auf den ersten Blick.Seitdem sind wir in jedem Jahr zu unterschiedlichen Jahreszeiten dort gewesen, auch Christos Floating Piers haben wir miterlebt, morgens um 5:30h auf dem Steg, den Sonnenaufgang vom Wasser aus gesehen und und über den See gewandert. Es war TRAUMHAFT.2018 haben wir ein Adventwochenende dort verbracht, ganz speziell! Wir wohnen regelmäßig in Sale Marasino,kurz vor Marone. Wenn man gerne wandert, kann man viele Touren mit wundervollenAusblicken auf den See unternehmen: Monte Isola erwandern oder mit dem Rad umfahren, Monte Guglielmo, Punta Almana, Corna trenta passi,Monte Campione, auf der anderen Seeseite Monte Brenzone… Wir sitzen abends auf unserer Terrasse, blicken in die Berge und suchen uns ein Gipfelkreuz oder eine Kirchen im Berg aus. Dann nehmen wir die Karte und schauen, ob diese Ziele für uns erreichbar sind, schließlich sind wir inzwischen 68 und 70.Auch die Via Valeriana in Teilstücken zu laufen, ist wunderschön.Seit einiger Zeitgibt es auch die Big Benches an verschiedenen Orten.Überdimensionale Bänke an ausgesuchten Stellenmit tollen Aussichten.Auch mit dem Rad sind wir 2x um den See geradelt, ca. 75 km(ohne E-Bike). Wir empfehlen im Uhrzeigersinnund nicht an einem Wochenende. Wir nehmen uns einen ganzen Tag Zeit, halten dort, wo es uns gefällt (mein Lieblingsstopp ist Riva di Solto) und relaxen.Ausflüge zu den Wasserfällen Monticelli Brusati mit 2 unterschiedlich schwierigen Wanderwegen, Valle di freddo, die Felszeichnungen im Val Camonica, San Fermo Hills….Es gibt so vieles und in jedem Jahr finden wir Neues, was wir noch nicht gesehen haben. Wenn man Zeit und Lust hat, kann man auch mit dem Auto längere Ausflüge in die Berge machen, zum Gaviapass, zum Passo Tonale und dort mit der Bergbahn hoch in den Schnee (auch im Sommer).Bergamo, Brescia, Cremona kann man besuchen und im Letzten Jahr waren wir zum ersten Mal in Mailand. Das Reisen war im September wieder mit Einschränkungen möglichund wir haben einen traumhaftenTag dort verbracht seeeehr wenig Touristen und sogar den Dom konnten wir ohne Anstehen besichtigen, Fiebermessen und Maske obligatorisch.Wir waren auch schon mehrmals am Gardasee, empfinden es dort im Sommer aber als sehr stressig. In den letzten Jahren habe wir im Winter, ein Mal in der Adventzeit und ein Mal im Februar jeweils vier Tage in Castelletto di Brenzone verbracht. Ein Traum!Ruhe, wenig Menschen, aber auch viel geschlossenen Läden und Restaurants.Und Schnee auf dem MonteBaldo.Und ohne Anstehen bei der Bergbahn.
    Ihr seht, ich kann mich gar nicht bremsen, vorgestern habe ich wieder für Mitte Juli gebucht.Eine neue Zeit für uns, geht diesmal leider nicht anders.
    Viel Spass an unserem Lao d´Iseo

    1. Oh, vielen lieben Dank für den ausführlichen Kommentar. Schön, dass ihr durchwegs positive Erinnerungen an den Iseosee habt.

  5. Gudrun Miessl says:

    Hallo, diesen See kann man in der Saison nicht mehr empfehlen, vor allem, wenn man mit Hund reist. Wir durften Schiffsfahrkarten kaufen, natürlich auch für unseren Mops, durften dann aber nicht an Bord – wegen des Hundes. Er muss Maske tragen, hätte auch welche an Bord gegeben, haben sie uns aber nicht verkauft, weil sie keine für einen Mops hätten. Wir müssten den Hund (bei über 30 Grad) in einer Box transportieren. Also am Ufer zurück geblieben mit zwei Pudeln, die das gleich Schicksal teilten. Könnte man vorher kommunizieren, dass Hunde prinzipiell nicht erwünscht sind, hätten wir uns Planung, Anstehen und Vorfreude sparen können. Unsere Vermieterin hatte uns gezeigt, wo wir parken können – Knöllchen dran. Sie hat uns zum Glück ohne weitere Kosten abreisen lassen, Auch das Geld für drei Schiffsfahrkarten haben wir zurück bekommen. Fazit: Bloß nicht Ideosee, die wollen keine Touristen. Wir geben uns sauer verdientes Geld lieber wo anders aus.
    Gudrun Miessl

    1. Erfahrungen mit Hund habe ich keine. Schade allerdings, dass ihr keine schönere Erfahrung gemacht habt. Man liest mittlerweile beide Seiten. Mal sehen, ob wir dem Iseosee nochmals eine Chance geben.

  6. Danke für die ehrliche Beschreibung der begrenzten Möglichkeiten. Allerdings sind im Frühjahr Regentage auch am Gardasee keine Seltenheit. Mit der richtigen Kleidung sind Wandertouren möglich.

    1. Natürlich. Ich lebe in den Bergen und Regen kann mal sein. Allerdings hat es bei uns wie aus Eimern geschüttet, da gehe ich auch bei uns nicht wandern.