Roadtrip durch Island | Auftakt in Reykjavik
Knapp 120.000 Einwohner zählt die isländische Hauptstadt Reykjavik. Ihre geographische Lage macht sie zur nördlichsten Hauptstadt der Welt – die Kleinstadtidylle mit urbanem Flair perfekt kombiniert.
Es ist halb drei Uhr morgens, als ich schlussendlich vor dem Tor zu meinem airbnb-Apartment stehe und die nächtliche Anreise nach Island endlich sein Ende im Bett findet. Zwar ist es dank Mitternachtssonne draußen so verlockend hell, dass ich am liebsten einfach nur den Koffer abstellen und auf Entdeckungstour starten möchte, doch die Müdigkeit siegt schlussendlich über mich. Morgen ist auch noch ein Tag und vor mir liegen zweieinhalb Wochen Island.
Halbwegs ausgeschlafen und eindeutig hungrig, suche ich am späten Vormittag schlussendlich meine Sachen zusammen, um mir zunächst bei Brauð & Co ein Frühstück und bei den Reykjavík Roasters einen ordentlichen Kaffee zu organisieren. Schon kann die Stadtbesichtigung losgehen. Stundenlang bummle ich durch die Straßen von Reykjavík, stöbere entlang der Laugavegur, der Haupteinkaufsstraße von Reykjavík, durch zahlreiche Designshops und erblicke an beinahe jeder Straßenecke eine noch coolere Street Art. Denn neben all den bunten Häuserfassaden sind es vor allem die vielen kreativen Graffiti, welche das Stadtbild von Islands Hauptstadt prägen. Kein Wunder, handelt es sich bei den meisten Kunstwerken auch um gezielt vergebene Auftragsarbeiten, um die Graffiti einigermaßen kontrolliert im Stadtbild integriert zu haben.
Über die Austurstræti, die älteste Straße Reykjavíks, spaziere ich weiter und lande schlussendlich am Hafen. Es ist allen voran die Harpa Concert Hall and Conference Center, welches das Hafenbild prägt und so verlockend der riesen Glaskomplex auch ist, ich entscheide mich zunächst noch in die andere Richtung weiter zu spazieren und mir Harpa erst später von innen anzusehen. Über die Geirsgata steuere ich die Grandagarður an, denn meine Online-Recherche vorab hat ergeben, dass sich hier einige interessante Cafés und Shops in ehemaligen Industriegebäuden befinden. Zudem bietet sich von hier ein toller Blick über den Hafen mit dem markanten Harpa-Gebäude als Kulisse. Auf dem Weg zurück in Richtung Zentrum stoppe ich im kleinen Restaurant Matur og Drykkur, welches im gleichen Gebäude wie das Saga- und nur wenige Schritte vom Maritim-Museum entfernt liegt. Und ja, die Fischsuppe kann sich sehen – und schmecken – lassen.
Frisch gestärkt, geht es weiter in Richtung Harpa. Und hier heißt es: Zeit einplanen! Denn selbst wer keine Vorstellung besucht, hat hier einiges zu entdecken. Das 2011 gebaute und mittlerweile wohl als das Wahrzeichen Reykjavíks bekannte Gebäude beherbergt sowohl das isländische Symphonieorchester als auch die isländische Oper und wurde vom Gramophone Magazin als eine der besten Konzerthallen des neuen Jahrtausends ausgezeichnet. Und ja, Harpa ist von innen mindestens genauso spektakulär wie von außen – wenn nicht sogar noch etwas mehr. Neben geführten Touren, bei denen man einen Blick hinter die Kulissen werfen kann, bieten sich auch die unterschiedlichen Konzerte, Kabaretts und Co an, um einen Blick in den großen Konzertsaal zu erhaschen. Ich entscheide mich, am letzten Tag in Reykjavík das halbstündige Konzert “Reykjavík Classics” zu besuchen, das den ganzen Sommer hinweg stattfindet. Und irgendwann mal, wenn meine Geldtasche wieder gut gefüllt und der passende Termin gefunden ist, schaffe ich es hoffentlich zu einem richtig guten Konzert (internationale (Pop-)Größen spielen hier auch) zurückzukommen. Denn das muss einfach richtig gut sein.
Den ersten Tag in Reykjavík lasse ich dann standesgemäß und wie gefühlt hundert andere ausklingen: mit einem Hotdog am Imbissstand Bæjarins Beztu, dem man nachsagt der beste Hotdog überhaupt zu sein. Ich füge mich natürlich sämtlichen Empfehlungen und bestelle einmal “one with everything”, nachdem die lange Schlange vor mir selbiges tat und ich endlich an der Reihe bin. Ob es tatsächlich der beste Hotdog ist? Das wiederum kann ich nicht wirklich beurteilen, denn dafür fehlt mir einfach der Vergleich. Aber wie mit so vielem, kann man es sich irgendwie einfach nicht nehmen lassen, nicht auch einmal für diesen Kult-Hotdog angestanden zu haben.
Am zweiten Tag in Reykjavík habe ich dann auch endlich das Schlafdefizit von der Anreise aufgeholt und starte so richtig ausgeschlafen in den Tag. Es ist Zeit, meinen Mietwagen von carrental.is in Empfang zu nehmen, die mir den 4×4 praktischerweise direkt vor die Haustür stellen. Den fahrbaren Untersatz lasse ich dann aber erstmal links liegen und spaziere zu einem ausgiebigen Frühstück ins Bergsson Mathús, die nicht nur Frühstück zu einem akzeptablen Preis haben sondern auch noch richtig gemütlich eingerichtet sind. Vollste Empfehlung!
Gegen mittags spaziere ich dann zurück zur Hallgrímskirkja, denn dort liegt der Treffpunkt für meine am Vortag spontan gebuchte I heart Reykjavík-Walking Tour. Ich war zunächst unsicher, ob ich überhaupt eine Tour machen sollte, da ich schon den ganzen Tag durch die Stadt gebummelt bin. Doch zum einen wollte ich (in)direkt mein “Danke” an Auður zurückgeben, welche mit ihrem Blog eine unglaublich wertvolle und hilfreiche Quelle für alle Fragen und Tipps rund um Reykjavík und Island ist. Zum anderen erhoffte ich mir noch ein paar Locations, die ich noch nicht entdeckt hatte; ebenso wie ein paar allgemeine Tipps und Infos, um Island zu bereisen. Es war schlussendlich ihr Freund Hrannar, der die Tour mit unserer kleinen Gruppe von nicht mal zehn Leuten machte, tolle Tipps gab, viel über Island und Isländer zu erzählen hatte und die zwei Stunden ziemlich schnell vergehen ließ.
Nach der Tour meldete sich gerade passend der Hunger zurück und da meine Füße obendrein noch müde vom vielen rumlaufen waren, fiel ich wenige Minuten später in der Sandholt Bakarí ein, um ein Pastrami Sandwich, massig Kaffee und noch was Süßes zu futtern. Letzter Stopp des Tages dann: die Hallgrímskirkja, welche ich die Tage zuvor und zum Start der Walking Tour zwar schon mehrmals von außen, bislang aber noch nicht von innen gesehen hatte. Mit rund 74,5 Meter ist die evangelisch-lutherische Pfarrkirche das zweithöchste Gebäude auf Island, immerhin aber (#nona) die größte Kirche des Landes. Die Architektur der Hallgrímskirkja geht auf den Isländer Guðjón Samuel zurück, der so inspiriert von jener Form war, die Lava erhält wenn es in Basaltstein abkühlt. Knappe € 7,- kostet die Auffahrt auf den Turm der Kirche, von wo aus man einen 360°-Blick auf Reykjavík und das Umland erhält. Definitiv ein Muss, denn ohne diesem berühmten Panoramabild mit den bunten Häusern ist man offiziell wohl auch nie in Reykjavík gewesen.
Den dritte Tag in Reykjavík starte ich mit einem absolut empfehlenswerten Frühstück in der Sandholt Bakarí, das ich schon tags zuvor ins Auge gefasst hatte. Zurück in meinem Apartment, in das ich eigentlich am liebsten einziehen würde, packe ich die letzten Sachen, wuchte alles in meinen 4×4 und mache mich dann nochmal auf, quer durch die Stadt zum Harpa, um mich mit einem Besuch der “Reykjavík Classics” aus der Stadt zu verabschieden. Das alles aber natürlich nicht, ohne nicht nochmal den Genuss der vollen Restaurant-Auswahl zu nutzen und so sitze ich keine zehn Minuten nach Vorstellungsende bei der “Pizza With No Name” und fasse den Entschluss, statt auf direktem Weg in Richtung Golden Circle aufzubrechen, vorher noch einen Abstecher nach Seltjarnarnes einzulegen, den Leuchtturm zu begutachten und meine Füße zum ersten Mal in einen echten Hotpot zu stecken, wo ich gleich mit zwei überaus netten Isländerinnen ins Gespräch komme, die mir ebenfalls noch einige Tipps für meine Inselrunde mit auf den Weg geben. Am frühen Nachmittag setze ich mich dann hinters Lenkrad meines neuen Begleiters für die nächsten zwei Wochen und breche auf, um den Golden Circle zu entdecken…
Gut zu wissen
- Neben zwei Anbietern für Free Walking Tours gibt es die kostenpflichtige, jedoch von mir empfohlene I heart Reykjavík Walking Tour. Zum einen ist der Preis in meinen Augen fair, zum anderen legt Auður großen Wert darauf, dass die Gruppen bewusst klein gehalten sind. Coole Tipps und Stopps entlang der Tour sind ebenso garantiert wie ein Link mit den Stopps zur Nachlese.
- Die Street Art in Reykjavík-Map auf Google listet allerlei Spots in der Stadt, um die besten Graffiti vor die Linse zu bekommen. Zudem gibt es einen Anbieter für Reykjavík Street Art Tours.
- Die Reykjavík City Card ist eine praktische Möglichkeit, um die Stadt kostengünstig zu besuchen. Neben kostenlosen Eintritten in zahlreiche Museen und Galerien bietet sie kostenlosen Eintritt in Reykjavíks Bäder sowie freie Fahrt mit den öffentlichen Bussen. Da die wichtigsten Sehenswürdigkeiten aber ohnehin alle fußläufig zu erreichen sind, ist sie eher nur für Museumsbesucher empfehlenswert.
- Hafnarfjörður im Süden, in Richtung Keflavík, ist ein netter kleiner Vorort von Reykjavík, wo sich entlang der Strandgata einige nette Cafés befinden und die Uferpromenade zum Spazierengehen einlädt.
- Wer “nur” Reykjavík am Plan hat, muss dennoch nicht ganz darauf verzichten mehr von Island zu sehen. Viele Anbieter bieten Tagestouren zum Golden Circle, in den Süden Islands oder auf die Reykjanes Halbinsel an.