Vom Leben in den Bergen

“Aber die Berge! Wie hältst du das nur aus? Ich könnte hier nicht wohnen.” – Wer wie ich die Entscheidung fällt, von einer Großstadt wie Wien in die Berge – genauer gesagt nach Innsbruck – zu ziehen, wird mit Gewissheit früher oder später mit dieser Frage konfrontiert. Ungläubige Blicke von den einen, vollstes Verständnis von den anderen.

Die einen, das sind jene, die seit ihrer Geburt in einer Großstadt wohnen, das hektische Treiben und den Lärm nicht missen wollen. Die anderen, das sind jene, denen es Freitagmittag nicht schnell genug gehen kann, ins Wochenende und somit raus aus der Stadt zu kommen. “Diese Berge rundherum würden mich erdrücken, ich würde mich eingeengt fühlen”, lautete die entschiedene Aussage einer ehemaligen Kollegin, als sie mich vor einigen Jahren auf der Durchreise in Innsbruck besuchte. Und auch vor meinem Umzug nach Tirol wurde ich oft gefragt, ob ich mir nicht ob der Berge Sorgen mache. Sorgen und Bedenken, die ich schon damals nicht so ganz nachvollziehen konnte, heute umso weniger.

War es in Wien bei einem Blick aus dem Fenster in knapp 20 Metern Entfernung die nächste Häuserfassade, die mir ins Auge stach, so hat sich mein Ausblick nun um 180 Grad geändert. Dank meiner heißgeliebten Wohnung habe ich einen Blick nach Nord, Ost und West sowie ein kleines bisschen Süd. Von meinem Balkon aus offenbart sich mir ein wunderbarer Blick auf die Altstadt von Hall, dahinter die eindrucksvolle Kulisse der Nordkette. Von der Couch aus sehe ich ins Karwendelgebirge, in einer klaren Nacht kann ich vom Bett aus die zahlreichen Sterne zählen und den Mond beobachten, tagsüber bietet sich mir ein direkter Fernblick in die Tuxer Alpen. In Wien hatte ich von alledem: nichts. Und auch meine Geburtsstadt Linz beeindruckte maximal mit einem Blick auf den Pöstlingberg.

Und so erfreue ich mich jeden Tag auf’s Neue an der Aussicht, die sich mit noch verschlafenem Blick am Morgen, auf dem Weg zur Arbeit oder in den letzten Sonnenstrahlen auf meinem Balkon offenbart. Ich erlebe Tag für Tag wie sich die Natur verändert, die Jahreszeiten kommen und gehen, um der nächsten Platz zu machen. Ich stehe auf meinem Balkon und genieße wohlig warme 25 Grad im Sonnenschein, während von den Bergspitzen die erste als auch letzte Schneedecke der Saison herunter blinzelt. Ich schmiede Ausflugspläne und entdecke Orte, von denen ich bis vor meinem Umzug nicht mal wusste, dass sie existieren. Ich fahre zehn Minuten in die eine Richtung, um an der Talstation des nächsten Skigebiets zu stehen; zehn Minuten in die andere, um einen Einkaufsbummel mit einem ausgezeichneten Essen in einem der vielen (wirklich guten) Innsbrucker Restaurants abzurunden. Innerhalb von zwei Stunden bin ich in Bregenz am Bodensee, in der bayerischen Hauptstadt München oder in der Mozartstadt Salzburg, eine halbe Stunde weniger und ich stehe mitten in der Altstadt von Bozen. Von der Tatsache, dass die italienische Grenze in nicht mal dreißig Autominuten erreicht ist, spreche ich erst gar nicht…

Meine Entdeckungslust ist dabei Beweis genug, dass ich von Tirol und den Bergen noch lange nicht genug habe und noch etliche Wochenenden vor mir liegen, an denen es Berg und Tal zu entdecken gibt. Und in “Zeiten wie diesen” bin ich einmal mehr dankbar, dass das Gute direkt vor der Haustüre liegt…

 

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16 Kommentare

  1. Bei deinen Bildern kann ich es so richtig nachvollziehen warum du dich dort so wohl fühlst!

    1. Dann lassen wir jetzt noch ein paar Wochen vergehen und dann packt ihr meine Lieblingsnichte ins Auto und kommt mich endlich besuchen ;-)

  2. Schöner Text, ich kann das sehr gut nachfühlen. Ich fand es nach meinem Umzug schon toll, von München aus in einer Stunde in den Bergen zu sein. Und dann kam ich das erste Mal nach Innsbruck und war hin und weg von *richtiger* Nähe zu den Bergen :)

    1. Ich hab zwar meine Zeit in Wien auch sehr genossen, aber jetzt wo ich erst mal um die ganzen Besonderheiten der Berge bzw. auch der idealen Lage Innsbrucks als Ausgangspunkt für Fahrten in andere Städte weiß, will ich hier gar nicht mehr weg ;-) München ist da sicher auch schon ein toller Ausgangspunkt. Aber eben wieder Großstadt, ohne die Kulisse drum herum…

  3. ich habs mir selbst letztes wochenende wieder gedacht. ich halts immer besser aus in den bergen ;)
    aber ich glaub ganz könnt ich mich von der stadt trotzdem nicht verabschieden, aber so ein ferienhäuschen… das wärs :)

    1. Ich hoffe, mittlerweile bist du dem Ferienhäuschen ein Stück näher ;)

  4. Hach, wie kann ich deine Worte nachvollziehen :) Wobei es bei mir umgekehrt ist – bin “in” den Bergen aufgewachsen und nun in der Grosstadt Zürich. Deshalb gehe ich in der Freizeit auch sehr gerne wieder zurück in die Natur.

    1. Nun ja, mit Zürich als Alternative könnt ich mich wohl auch noch sehr gut anfreunden!

    1. Ich warte hier in Innsbruck immer noch auf dich :)

  5. Ja, so kan man es auch ausdrücken, warum man von hier einfach nicht so schnell weg kann. Danke für den tollen Artikel!

  6. Dietrich Bachmann says:

    Ich fühle mich auch in den Bergen besser. Die Natur verbindet man mit dem Ort und dann spürt man, wie schön unsere Welt ist. Ich würde gerne nach Tirol umziehen. Ich schaue mir momentan Apartments in Westendorf an. Das wäre ein schöner Ort zum Wohnen.

  7. Ich bin hier gerade zufällig draufgestoßen – wie kann man nicht in Innsbruck leben wollen?! Ich bin zwar auch ein Stadtmensch, aber gerade das ist doch das tolle an Innsbruck, da gibt es doch auch schöne städtische Ecken, und wenn man Bock auf Natur hat, Zack und los…Innsbruck ist tatsächlich eine der Ecke, wo ich mir vorstellen könnte hinzuziehen, obwohl ich gar nicht so ein Bergefan bin. Mir hat es dort aber unfassbar gut gefallen.
    Ich selbst leb in Bremen, so ganz unbergig, bei uns gibt es nichtmal eine Bergstraße :)

    1. Ich kann es ja auch nicht nachvollziehen, dass man sich hier eingeengt fühlen könnte. Aber – jeder ist anders. Und das ist gut so! ;)

  8. Linda Siemann says:

    Das sieht wirklich alles so toll aus, danke für den tollen Beitrag! Ich vermisse es so sehr in den Urlaub zu fahren! Was ich empfehlen kann ist sonst in ein Wellnesshotel zu fahren, da kann ich immer am besten abschalten. Ich reise immer in ein Hotel in Bad Hindelang, das kann ich wirklich nur empfehlen.